Das Kunstpfeifen entstand im 19. Jahrhundert in der österreichischen Oberschicht. Kunstpfeifer sind Menschen, die zu einer möglichst komplexen Melodie in verschiedenen Tonlagen ohne technische Hilfsmittel pfeifen können. Sie waren in der Zeit der Brüder Schrammel im 19. Jahrhundert sehr beliebt und traten in den Wiener Varietés, Kabaretts und Volksbühnen auf. Der bekannteste Kunstpfeifer Wiens war der Fiaker Johann Tranquillini (1855-1895), genannt Baron Jean. Zu seinem Repertoire gehörten Operettenarien und Konzertwalzer, etwa der Walzer »Frühlingsstimmen« (1883) von Johann Strauß, verziert mit kunstvollen Trillern und Pfiff-Koloraturen. In Deutschland wurden diese Interpretationen klassischer Musik, die selbst am Hof des österreichischen Kaisers zur Aufführung kamen, als Ausdrucksform gut gelaunter Unterhaltungsmusik trivialisiert. Die hohe Form des Kunstpfeifens geriet nach und nach in Vergessenheit. Österreichs letzte professionelle Kunstpfeiferin war Jeanette Baroness Lips von Lipstrill (1924-2005). Nikolaus Habjan belebte die Tradition des Kunstpfeifens neu und ist heute einer der besten Kunstpfeifer weltweit. Als erster Kunstpfeifer durfte er 2018 in der Hamburger Elbphilharmonie, am Flügel begleitet von Ines Schüttengruber, auftreten.
Quelle: https://konzertzuhaus.at/moments-musicaux/15/
Mehr zum Thema: „Die Kunst des Pfeifens“